Zuallererst: Welche Begriffe sind im Familienrecht besonders wichtig und sollten Eltern unbedingt kennen?
Elterliche Sorge: Die elterliche Sorge hat zwei Standbeine, nämlich das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Mitentscheiden bei wichtigen Entscheiden.
Wichtige Entscheide werden von der Person getroffen, die die elterliche Sorge hat. Es handelt sich hier nicht um ‚Alltagsentscheidungen‘, sondern bspw. um die Frage, auf welche Schule das Kind gehen soll, wann es eingeschult oder ob ein nicht-notwendiger medizinischer Eingriff durchgeführt werden soll.
Das Aufenthaltsbestimmungsrecht besagt: Wer die elterliche Sorge hat, bestimmt, wo das Kind wohnt. Bei einer alleinigen elterlichen Sorge ist klar, wer dies entscheiden darf. Dieser Elternteil darf z.B. auch nach Australien mit dem Kind ziehen, ohne die Zustimmung des anderen Elternteils zu benötigen, wobei der andere Elternteil ohne elterliche Sorge gemäss Gesetz über solche besonderen Ereignisse im Leben des Kindes wenigstens benachrichtigt und vor Entscheidungen, die für die Entwicklung des Kindes wichtig sind, angehört werden soll. Bei der gemeinsamen elterlichen Sorge, also dem Regelfall, sieht dies anders aus. Auch hier darf zwar der Elternteil natürlich immer ins Ausland ziehen – jedoch nicht unbedingt zusammen mit dem Kind. Das Kind kann nur unbeschränkt mit dem Elternteil mitgehen, wenn dieser die alleinige elterliche Sorge hat. Bei der gemeinsamen elterlichen Obhut kann ein Umzug des Kindes nur in dem Masse passieren, als dass das Betreuungs- bzw. Kontaktrecht des anderen Elternteils dadurch nicht erheblich oder wesentlich beeinträchtigt wird.
Anfänglich waren das zumeist maximal 50 km. Heute diversifiziert man das mehr, betrachtet den Einzelfall und wie die Obhut konkret im Einzelfall ausgestaltet ist. Bei einer alternierenden Obhut 50:50 kommt es oft schon bei einem Umzug von 20 Kilometern zu Diskussionen. So kann es vorkommen, dass 10 oder 20 km im Maximum als angemessene Entfernung angesehen werden oder, dass das neue Zuhause sogar in derselben Gemeinde sein muss, weil dort die Schule des Kindes ist. Das entscheidet der Richter in seinem Ermessen individuell, immer im Hinblick auf das Kindswohl. Das Prinzip bleibt immer gleich: Das Betreuungsrecht, das zuvor gelebt wurde, muss weiterhin lebbar sein, ansonsten ausgehend vom Kindeswohl entschieden wird, wie die Obhut und das Betreuungsrecht basierend auf die neuen Wohnverhältnisse auszugestalten sind.
Obhut: Es gibt verschiedene Unterarten der Obhut: alleinige Obhut, geteilte Obhut, faktische Obhut. Generell gesprochen beschreibt die elterliche Obhut die Befugnis, mit dem Kind zusammen zu leben und sich um dessen alltäglichen Belange zu kümmern.
Wohnsitz: Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Ort, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält (sich sein Lebensmittelpunkt befindet). Er ist eng an die Obhut gekoppelt. Hat ein Elternteil die alleinige Obhut, ist der Wohnsitz klar bei ihm. Bei einer alternierenden Obhut 50:50 muss der Wohnsitz explizit geregelt werden. In der Praxis ist er besonders wichtig, weil davon der Schulort abhängt.
Betreuungs- / Kontakt- / Umgangs- / Besuchsrecht: Hiermit wird der Kontakt des Kindes zu den beiden Elternteilen geregelt. Der Überbegriff ist „persönlicher Verkehr“. Die erwähnten Begriffe werden oft vermischt. Doch an sich spricht man von Betreuungsrecht, wenn es sich um eine alternierende Obhut handelt und Kontaktrecht bei einer alleinigen Obhut. Umgangsrecht ist kein in der Schweiz geläufiger Ausdruck, ist aber wohl im Ausland (z. B. Deutschland) geläufig und wird bei Schweizer Gerichten so nicht verwendet, bezeichnet prinzipiell aber den persönlichen Verkehr. Besuchsrecht ist der frühere Begriff und wird heute bei Gericht noch bei der alleinigen Obhut verwendet. Meines Erachtens ist Besuchsrecht aber veraltet. Ich würde immer von persönlichem Verkehr sprechen und in der Aufteilung von Betreuungs- bzw. Kontaktrecht.