Aufenthaltsbestimmungsrecht beantragen § Rechtslage, Kindesentführung & mehr
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Familienrechtsredaktion
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- Das elterliche Sorgerecht schliesst immer auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht des Kindes mit ein.
- Bei getrennt lebenden Elternteilen darf ein Elternteil darf dieser den Aufenthaltsort des Kindes grundsätzlich nicht ohne Zustimmung des anderen Elternteils wechseln, wenn ein gemeinsames Sorgerecht gegeben ist.
- Bei einem Umzug innerhalb der Schweiz ist eine Zustimmung nur dann erforderlich, wenn erhebliche Auswirkungen auf die Ausübung der elterlichen Sorge und den persönlichen Umgang mit dem anderen Elternteil hat.
- Bei einem unrechtmässigen Umzug ins Ausland kann eine Kindesentführung nach dem Haager Übereinkommen (HKU) vorliegen.
Rechtslage zum Aufenthaltsbestimmungsrecht
Seit Juli 2014 ist die gemeinsame elterliche Sorge unabhängig vom Zivilstand der Eltern in der Schweiz der Regelfall. In diesem Sinn hält Art. 296 Abs. 1 Zivilgesetzbuch (ZGB) ausdrücklich fest, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Wohl des Kindes dient. Dieses Ziel verfolgt auch Art. 301a ZGB, der das Verhältnis zwischen elterlicher Sorge und Aufenthaltsbestimmungsrecht klärt und dabei anordnet, dass die elterliche Sorge auch das Recht einschliesst, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen.
Damit ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht im Gegensatz zu einer früheren Regelung zwingend in die elterliche Sorge eingebunden. Ob dies absolut gilt oder aber gestützt auf Art. 298 Abs. 2 Zivilgesetzbuch (ZGB) ausnahmsweise bei gemeinsamer Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht einem Elternteil allein übertragen werden kann, ist in der Rechtsprechung noch umstritten und bedarf noch einer gerichtlichen Klärung. Für den Fall, dass die Eltern getrennt leben und ein Elternteil allein die faktische Obhut ausübt, darf dieser den Aufenthaltsort des Kindes grundsätzlich nicht ohne Zustimmung des anderen Elternteils wechseln.
Hierbei gilt dies generell, wenn der neue Aufenthaltsort im Ausland liegt (Art. 301a Abs. 2 lit. a ZGB). Falls der Umzug innerhalb der Schweiz stattfinden soll, ist dagegen eine Zustimmung nur dann erforderlich, wenn der Wechsel des Aufenthaltsortes erhebliche Auswirkungen auf die Ausübung der elterlichen Sorge und den persönlichen Verkehr durch den anderen Elternteil hat (Art. 301a Abs. 2 lit. b ZGB).
Eine Zustimmungsbedürftigkeit eines Umzuges darf jedoch nicht dahingehend verstanden werden, dass dem umzugswilligen sorgeberechtigten Elternteil ein Umzug verboten werden könnte. Hierbei sind immer die Niederlassungs- und Bewegungsfreiheit zu respektieren. Für den Fall, dass dies zu einem Streitpunkt wird, muss geprüft werden, ob durch den Umzug eine Anpassung der Betreuungs- und Besuchsrechtsregelung erforderlich wird. Grundsätzlich ist hierbei immer die entscheidende Frage, ob das Wohl des Kindes besser gewahrt ist, wenn es mit dem umzugswilligen Elternteil geht oder wenn es sich beim zurückbleibenden Elternteil aufhält.
Konsequenzen bei einem missbräuchlichen Umzug
Nach Art. 301a Zivilgesetzbuch (ZGB) folgt bei einer Verletzung des Aufenthaltsbestimmungsrechts keine direkte zivilrechtliche Sanktion. Deshalb hat der andere Elternteil keine Möglichkeit, einen Wegzug effektiv zu verhindern oder rückgängig zu machen. Hierbei könnte nur eine Obhuts Änderung vom Hauptbetreuenden zum anderen Elternteil eine indirekte Sanktionierung bewirken. Dabei ist jedoch vorausgesetzt, dass das Kind angesichts der gesamten Umstände beim anderen Elternteil besser aufgehoben wäre und dieser das Kind auch tatsächlich betreuen kann und will.
Durch Kindesschutzmassnahmen kann eine derartige Weisung betreffend dem Aufenthaltsort der Kinder durch die Kindesschutzbehörde erteilt werden. Hierbei ist dann immer der Prüfmassstab das Kindeswohl und es wird darauf abgestellt, ob die Veränderung des Aufenthaltsortes die Kinder in unmittelbare Gefahr bringt oder das Rückgängigmachen der Ortsveränderung diese Gefahr beseitigt. Ausserdem ist bei einem unerlaubten Verbringen ins Ausland ein Rückführungsverfahren möglich, das im Folgenden näher erläutert werden soll.
Was versteht man unter einer Kindesentführung?
Das Haager Übereinkommen (HKÜ) von 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung gilt nur zwischen Vertragsstaaten. Hierbei gilt dies für die Schweiz und insgesamt 87 weitere Staaten. Das Haager Übereinkommen hat zum Ziel, eine sofortige Rückführung widerrechtlich in einen Vertragsstaat verbrachter oder dort zurückgehaltener (entführter) Kinder sicherzustellen.
Ferner soll es gewährleisten, dass das in einem Vertragsstaat bestehende Sorge- und Besuchsrecht in den anderen Vertragsstaaten beachtet wird. Hierbei gilt nach Art. 3 Abs. 1 Haager Übereinkommen (HKÜ) das Verbringen oder Zurückhalten eines Kindes als widerrechtlich, wenn dadurch das Sorgerecht verletzt wird. Dabei kann dies das Sorgerecht einer Person, einer Behörde oder sonstigen Stelle allein oder gemeinsam betreffen, das diesen nach dem Recht des Staates zusteht, in dem das Kind unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
Ausschlaggebend ist nach Art. 5 Haager Übereinkommen (HKÜ) immer, dass dieses Sorgerecht auch das Recht umfasst, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen. Für den Fall, dass ein Elternteil Inhaber der elterlichen Sorge ist, verfügt er nach neuem Recht in der Schweiz auch über das Aufenthaltsbestimmungsrecht und ist damit Inhaber eines Sorgerechts im Sinne des Haager Übereinkommens (HKÜ). Deshalb liegt eine internationale Kindesentführung immer dann vor, wenn der Inhaber der faktischen Obhut und der elterlichen Sorge ohne Zustimmung des Mitsorgeberechtigten oder ohne Genehmigung des Gerichts bzw. der Kindesschutzbehörde den Aufenthaltsort des Kindes in einen anderen Staat verlegt.
Wie kann man sich gegen eine Kindesentführung wehren?
Grundsätzlich wird ein Verfahren auf Rückführung eines entführten Kindes durch einen Antrag des in seinem Sorgerecht verletzten Elternteils eingeleitet. Hierfür müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein, um einen Antrag erfolgreich an die zuständige ausländische Zentralbehörde übermitteln zu können:
- Das betreffende Kind hat das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet.
- Das Kind hatte vor der Entführung seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz oder in einem Vertragsstaat des Haager Übereinkommens (HKÜ).
- Der Antrag wird von demjenigen Elternteil gestellt, der zum Zeitpunkt der Entführung das Sorgerecht hat und dieses bis zu diesem Zeitpunkt auch tatsächlich ausgeübt hat.
- Seit der Kindesentführung ist weniger als ein Jahr vergangen.
Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist die ausländische Zentralbehörde verpflichtet, den Aufenthaltsort des Kindes ausfindig zu machen und auf eine freiwillige Rückführung des Kindes hinzuwirken. Dabei wird sie, falls es erforderlich ist, auch ein gerichtliches Verfahren für die Rückführung des Kindes einleiten.
Hierbei muss jedoch klargestellt werden, dass das vorrangige Ziel des Haager Übereinkommens (HKÜ) ist, entführte Kinder sofort in den Staat, wo sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt gehabt haben, zurückzubringen. Hierbei entscheidet also das Gericht nur über die Rückführung, nicht jedoch über materielle Fragen, wie zum Beispiel das Sorgerecht und die Obhut. Diese Entscheidungen sind immer Aufgabe des Sachrichter desjenigen Staates, in welchem das Kind vor der Entführung seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
In welchen Fällen wird eine Rückführung des Kindes nicht veranlasst?
In bestimmten Fällen ist das ausländische Gericht ausnahmsweise nicht verpflichtet, eine Rückführung des Kindes anzuordnen, wenn die Person, die sich der Rückführung des Kindes widersetzt, nachweist, dass die Rückführung mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden ist. Allerdings bestimmt das Bundesgericht auch, dass solche Ausschlussgründe für eine Rückführung restriktiv auszulegen sind, und betont, dass der ausländische Staat keinen Sorgerechtsentscheid zu fällen hat. Auch soll gewährleistet werden, dass der entführende Elternteil keinen Vorteil aus seinem illegalen Verhalten ziehen darf.
Hierbei bestimmt der Art. 5 des Bundesgesetzes in der Schweiz über internationale Kindesentführung und das Haager Übereinkommen zum Schutz von Kindern und Erwachsenen die Anwendung von Art. 13 Abs. 1 lit. b Haager Übereinkommens (HKÜ). Dieser zählt eine Reihe von Fällen auf, in denen eine Rückführung das Kind in eine unzumutbare Lage bringen würde. Hierbei kann es sich z. B. um folgende Fälle handeln:
- Wenn eine Unterbringung bei dem Antragstellenden Elternteil offensichtlich nicht dem Wohl des Kindes entspricht oder
- der entführende Elternteil unter Berücksichtigung aller Umstände nicht in der Lage ist oder es ihm nicht zugemutet werden kann, das Kind in dem Staat zu betreuen, in dem es unmittelbar vor der Entführung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Aus diesen Gründen ist eben auch ein Rückführungs Richter verpflichtet, sich mit dem Kindeswohl auseinanderzusetzen und kann dies nicht alleine dem Sachrichter im Ausland überlassen.
Wie kann man einem Missbrauch des Aufenthaltsbestimmungsrechts vorbeugen?
Einer Kindesentführung vorzubeugen mit rechtlichen und praktischen Massnahmen, ist trotz des Haager Übereinkommens (HKÜ) sehr schwierig. Allerdings kann man je nach den gegebenen Umständen gerichtliche Massnahmen einleiten, die präventiv hilfreich sein können. In erster Linie spielt dabei eine Neuregelung der elterlichen Sorge eine wichtige Rolle, bei der man ein alleiniges Sorgerecht für das Kind anstreben kann. Hingegen ist eine alleinige Zuteilung des Aufenthaltsbestimmungsrecht in der Schweiz nicht möglich, da durch das Gesetz die elterliche Sorge und das Aufenthaltsbestimmungsrecht untrennbar miteinander verknüpft sind.
Allerdings gibt es auch die Möglichkeit, eine Ausreisesperre anordnen zu lassen oder Reiseausweise hinterlegen zu lassen. Ferner kommt auch eine Einschränkung des Besuchsrechts in Betracht. In Abhängigkeit von der Rechtslage, sind für diese Massnahmen entweder das Gericht oder die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde am Aufenthaltsort des Kindes zuständig.
Durch die neue Regelung der elterlichen Sorge in der Schweiz schliesst grundsätzlich die elterliche Sorge auch das Recht ein nach Art. 301a Abs. 1 Zivilgesetzbuch (ZGB), den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen. Dabei muss für einen Wechsel des Aufenthaltsorts des Kindes ins Ausland zwingend die Zustimmung beider Elternteile vorliegen, weil ansonsten eine internationale Kindesentführung vorliegt.
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Wie kann ein Anwalt beim Aufenthaltsbestimmungsrecht beantragen helfen?
Das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist ein häufiger Streitpunkt bei getrennt lebenden Elternteilen und erfordert in vielen Fällen auch behördliche oder gerichtliche Entscheidungen, um Lösungen zu finden. Beim Aufenthaltsbestimmungsrecht beantragen ist ein Anwalt für Familienrecht ein wichtiger Berater, der im individuellen Fall Handlungs- und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen kann. Ausserdem wird er natürlich entsprechende Massnahmen für seinen Mandanten einleiten und eine überzeugende Begründung für gewünschte Massnahmen vorbereiten.
Ferner ist ein Anwalt für Familienrecht natürlich auch ein wirkungsvoller Unterstützer, wenn z. B. ein Kind unerlaubterweise ins Ausland verbracht wurde und kann in diesen Fällen eine Rückführung beantragen und auch mit den ausländischen Behörden korrespondieren. In manchen Fällen wird auch eine Beantragung eines alleinigen Sorgerechts sinnvoll sein, die ein Anwalt für Familienrecht gemeinsam mit seinem Mandanten vorbereiten kann und bei Gericht bestmöglich durchsetzen kann. Lassen Sie sich beraten von einem erfahrenen Anwalt für Familienrecht zum Thema Aufenthaltsbestimmungsrecht beantragen.
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